Kurzhanteldrücken Bankdrücken mit Kurzhantel

Tempo im Krafttraining

Tempo im Krafttraining: Warum es Deinen Trainingserfolg maßgeblich beeinflusst

Wenn es um effektives Krafttraining geht, sprechen viele von Gewichten, Wiederholungszahlen und Pausenzeiten. Der mitunter wichtigste Aspekt wird jedoch oft übersehen: das Tempo bei der Übungsausführung.

Ich möchte Dir heute erklären, warum das Tempo in Deinem Training so wichtig ist, warum die gleiche Übung mit unterschiedlichen Tempi völlig andere Auswirkungen hat, und wie das Tempo Deine Trainingsresultate dramatisch verbessern kann.

💡 Was bedeutet „Tempo“ im Krafttraining?

Tempo bezieht sich auf die Geschwindigkeit, mit der Du eine Übung ausführst. Es beschreibt, wie lange Du brauchst, um eine Bewegung zu beginnen, durchzuführen und wieder in die Ausgangsposition zurückzukehren. Im allgemeinen ist dies ein Maßstab für die „Time under Tension„, also die Zeit, wie lange der Muskel unter Spannung befindet.

Das Tempo wird dabei in einem 4-Phasen Format angegeben, bei dem jede Sekunde einen Teil der Übung beziffert. Jedes Trainingsprogramm, das ich erstelle, enthält eine präzise Tempobeschreibung, um sicherzustellen, dass jeder Satz und jede Wiederholung den gewünschten Trainingseffekt erzielt.

Tempo im Krafttraining
Beispiel eines Trainingsplans mit detaillierter Angabe zum Tempo

⭐ Die 4-Phasen des Tempos im Detail

Das Tempo einer Übung wird üblicherweise mit vier Zahlen angegeben, die jeweils einen Teil der Bewegung darstellen. Jede Zahl steht für „Sekunden“ und beschreibt einen Teilschritt der Bewegung:

  1. Die erste Zahl – Absenken des Gewichts (exzentrische Phase): Hier wird das Gewicht kontrolliert abgelassen. Diese Phase ist entscheidend für den Muskelaufbau und die Kraftentwicklung. Zum Beispiel bedeutet ein „4“ in unserem Tempo, dass Du vier Sekunden brauchst, um das Gewicht abzusenken.
  2. Die zweite Zahl – Pause nach dem Absenken: Diese kurze Pause erfolgt am untersten Punkt der Übung. Sie erhöht die intramuskuläre Spannung und kann den Stretchreflex verringern, was wiederum die Kraftentwicklung fördert. Eine „2“ steht hier für eine zwei Sekunden lange Pause.
  3. Die dritte Zahl – Anheben des Gewichts (konzentrische Phase): Dies ist der Teil, in dem Du das Gewicht wieder anhebst. Ein schnelles Anheben, oft markiert mit einem „X“, bedeutet eine explosive Bewegung, die besonders die schnellkräftigen Fasern anspricht und so die Kraft und Schnellkraft steigert.
  4. Die vierte Zahl – Pause nach dem Anheben: Eine Pause in der oberen Position kann dazu beitragen, die Muskelaktivierung zu maximieren. Oft wird hier keine Pause eingelegt, was durch eine „0“ angezeigt wird.

Beispiel: 5010 Tempo bei der Kniebeuge – Lesebeispiel

Nehmen wir die Kniebeuge als Beispiel mit einem Tempo von 5010:

Lesebeispiel Tempo im Krafttraining Ausführung und Geschwindigkeit der Übung
Spezifisches Beispiel bei einer Langhantel-Kniebeuge mit Fersen erhöht
  • 5 Sekunden senkst Du Dich in die tiefste Position der Kniebeuge ab. Das Gewicht liegt auf Deinen Schultern, Du atmest ein. In dieser exzentrischen Phase dehnt sich der Muskel – und es ist zugleich die Phase, die in den meisten Fitnessstudios völlig unterschätzt wird, obwohl sie mitunter der wichtigste Teil für Kraft- und Masseaufbau ist.
  • 0 Sekunden ist die Zeit im untersten Punkt der Kniebeuge, in der Deine Oberschenkel Deine Wadenrückseite berühren. In unserem Beispiel pausieren wir nicht – daher eine 0.
  • 1 Sekunde ist für das Aufrichten, die konzentrische Phase, um sich aufzurichten. Der Muskel verkürzt sich in dieser Bewegung
  • 0 Sekunden Pause am oberen Ende, bevor die nächste Wiederholung beginnt.

Variationen des Tempos

  • Pausen: Neben einer längeren exzentrischen Phase sind vor allem die Pausen für Belastung spannend. Hierzu zählt die Pause an zweiter Stelle, also „unten“. Das könnte beispielsweise für eine pausierte Kniebeuge der Fall sein, oder auch ein pausierter Dipp mit Zusatzgewicht. Eine weitere interessante Pause ist an Stelle vier, beispielsweise bei der 45° Back Extension. Die Pause findet hier am obersten Punkt statt und sorgt für maximale Rekrutierung des unteren Rückens.
  • X für explosive Ausführung: Für Kraft- und vor allem Explositvität ist ein „X“ von besonderer Bedeutung. Eine Kniebeuge im 50X0 Format wäre beispielsweise 5 Sekunden herablassen und dann sofort explosiv nach oben.

💪🏼 3 Gründe, warum Tempo so wichtig ist

Grund 1: Gym-Bro vs. Krafttraining

In den meisten Studios wird auf Tempo keine Beachtung gesetzt und Du wirst in der Regel ein „1010“ Tempo finden: Hauptsache schnell die Übung ausgeführt, entweder viel Gewicht oder viel Wiederholungen.

Verdeutlichen wir es mit Zahlen: Das Verständnis von Trainingsvolumen und Zeit unter Spannung (TUT – Time Under Tension) ist entscheidend, um die Effektivität eines Krafttrainingsprogramms zu beurteilen. Lass uns dies anhand des Beispiels der Kniebeuge mit unterschiedlichen Tempos und Gewichten durchgehen.

  • Trainingsvolumen: Das Volumen wird berechnet als das Produkt aus Gewicht, Wiederholungen und Sätzen.
  • Zeit unter Spannung (TUT): Dies ist die Zeit, in der der Muskel während einer Übung unter Spannung steht.

Rechenbeispiel: Effekt von Tempounterschied anhand einer Kniebeuge

Tempo (Sek.)Wdh.Gewicht (kg)Trainingsvolumen (kg)Zeit unter Spannung (Sek.)
101010100100020
4010105050050
Effekt von Tempounterschied anhand einer Kniebeuge

Vergleich und Interpretation:

  • Zeit unter Spannung: Die Kniebeugen mit dem 4010 Tempo haben eine 2,5x höhere Gesamtzeit unter Spannung (50 Sekunden) im Vergleich zu denen mit dem 1010 Tempo (20 Sekunden). Dies bedeutet, dass die Muskeln länger belastet werden, was insbesondere die muskuläre Ausdauer und die Fähigkeit zur Kraftentwicklung unter Dauerspannung verbessert.
  • Trainingsvolumen: Obwohl die Kniebeugen mit 1010 Tempo mit einem höheren Gewicht ausgeführt werden (1000 kg Gesamtvolumen), wird bei 4010 Tempo (500 kg Gesamtvolumen) die Gesamtmuskelspannung über eine längere Zeit aufrechterhalten. Dies kann zu unterschiedlichen Anpassungen im Muskelwachstum und in der Kraftentwicklung führen.

Selbstverständlich muss beim Training noch auf die richtige Intensität geachtet werden. Wenn Du ein 10×10 Kniebeugen-Set mit 4010 durchgeführt hast, wirst Du jedoch vermutlich feststellen, dass die Intenstität hier höher ausfallen kann, als beim 1010.

Grund 2: Fokus auf exzentrische Phase für Maximalkraft und mehr Sicherheit

Die exzentrische Kontraktion, bei der der Muskel sich verlängert, während er belastet wird, ist für den Aufbau von Maximalkraft besonders wichtig. Forschungen von bspw. Thomas McLaughlin, PhD oder Prof. Dr. Dr. Dietmar Schmidtbleicher haben gezeigt, dass eine langsame exzentrische Phase, beispielsweise vier Sekunden statt nur einer Sekunde, die Spannung auf der Muskulatur signifikant erhöht.

Diese gesteigerte Spannung verbessert aber nicht nur die Kraftentwicklung, sondern auch die Sicherheit im Training. Die längere exzentrische Phase fördert die Kraft der Sehnen, was wiederum das Risiko von Verletzungen minimiert. Ein kontrolliertes Tempo während der exzentrischen Phase sorgt also nicht nur für effektiveres Training, sondern auch für eine stärkere und gesündere Muskulatur und Sehnenstruktur.

Grund 3: Du brauchst Buchhaltung für Fortschritt

„What get’s measured, get’s done.“ So verhält es sich auch im Training. Um kontinuierlichen Fortschritt im Training zu haben – sei es über Muskelaufbau, Fettabbau oder bessere Ausführung, musst Du wissen und verstehen, ob und wo Du gerade Fortschritte erzielst, bzw. ob und wo Du Dich gerade auf einem Plateau befindest.

Durch die klare Definition von

  1. Sätzen,
  2. Wiederholungen,
  3. Tempo und
  4. Pausen zwischen den Sätzen

machen wir Werte zeitlich unabhängig und vergleichbar. Das heißt, wir können uns Trainingswerte von vor 1 Woche, vor einem Monat oder vor einem Jahr anschauen und wissen ganz genau, welche Progression Du bei der Übung gemacht hast.

Das ist sozusagen das Kraft-Pendant zur 13-Punkte Hautfaltenmessung, die Deine äußerliche Veränderung dokumentiert, sowie dem Braverman-Test, welcher Deine neurochemische Verfassung dokumentiert.

Der Einfluss des Tempos auf Dein Training

Durch die Manipulation des Tempos können wir spezifische Muskelfasern gezielt ansprechen, die Muskelausdauer verbessern, die Zeit unter Spannung erhöhen und letztlich effektiver an unseren Kraft- und Muskelzielen arbeiten. Viele unterschätzen die Wichtigkeit des Tempos, doch es ist ein entscheidendes Element, um den gewünschten Trainingseffekt zu erzielen und langfristige Fortschritte zu sichern.

Indem wir das Tempo in unser Training integrieren, verleihen wir jedem Workout eine zusätzliche Dimension, die es ermöglicht, präzise und mit klaren Zielen zu trainieren. Das macht den Unterschied zwischen einem guten und einem herausragenden Trainingsprogramm aus.

Weitere Ressourcen zum Thema:

Marco Giglio Performance Coaching

Marco Giglio

Ich hoffe, dass dir der Artikel weitergeholfen hat. Als Sportwissenschaftler und Performance Coach helfe ich Dir gerne persönlich weiter. Wenn Du neugierig auf Deine eigenen Potenziale rund um Training, Ernährung und Regeneration bist, vereinbare ein kostenloses Beratungsgespräch. Als qualifizierter Personal Trainer in Frankfurt am Main zeige ich Dir, wie wir Deine Ziele erreichen.

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